Wie auch bei uns Menschen sind unterdrückte Gefühle beim Hund wie ein schlummerndes Pulverfass. Verbote und gehemmte Verhaltensweisen bringen zwar kurzfristig vielleicht die gewünschte Lösung, allerdings fliegen sie uns irgendwann, meist zu einem komplett unpassenden Zeitpunkt, doch wieder um die Ohren.
Anstatt unerwünschtes Verhalten zu bestrafen oder zu unterdrücken, setzen wir also darauf gewünschtes Verhalten zu belohnen. Das bringt nicht nur für den Hund Erfolgserlebnisse, sondern ist auch für mich wesentlich angenehmer. Man legt den Fokus dann nämlich auf all die wunderbaren Dinge die der Hund in unser Leben trägt, anstatt sich ständig auf das Negative zu fokussieren. Wenn man immer nur das schlechte bemerkt, kann sich das Gute nicht entfalten.
Positive Verstärkung im Hundetraining
Eigentlich ist das System der positiven Verstärkung ganz einfach erklärt: Positives Verhalten wird belohnt, anstatt negatives Verhalten zu bestrafen. Hat man die richtige Belohnung für den Hund gefunden, wird er das belohnte Verhalten tendenziell bevorzugen, weil es sich gut anfühlt und es wird sich mit der Zeit festigen.
Zum Glück ist das Thema der positiven Verstärkung im Hundetraining heute schon relativ verbreitet. Darauf möcht ich hier auch gar nicht im Detail eingehen, sondern vielmehr darauf, wie man es in den Alltag integriert. Denn mir fällt immer wieder auf, dass viele Menschen gar nicht merken, was vom Hund schon als Strafe empfunden wird. Weil es scheinbar einfach „normal“ ist, dass man mit dem Hund nicht unbedingt respektvoll umgeht.
Ich finde man sollte sich bewusst machen, dass selbst mit allem positiven Training, ein kleiner Leinenruck für den Hund trotzdem eine tendenziell unangenehme Angelegenheit bleibt. Es gibt immer mehrere Wege um Situationen zu lösen. Warum also nicht den Weg erkunden, der für den Hund am angenehmsten wäre. Anstatt mit einer vermeintlich raschen Lösung immer weiter unterzugehen. Das Ziel liegt meines Erachtens also darin, sich nicht durch die eigene Hilflosigkeit in überholte Trainingsmuster zur Unterwerfung und Bestrafung verleiten zu lassen.
Was macht man aber nun, mit dem verbleibenden unerwünschten Verhalten? Gesunde Grenzen zu setzten ist die Basis für ein angenehmes und respektvolles Zusammenleben. Die Kunst an der Sache ist nicht die Nerven zu verlieren, wenns mal nicht läuft. Sondern gelassen die Situation zu analysieren und zu erkunden was getan werden kann, damit der Hund gar kein Bedürfnis mehr hat das unerwünschte Verhalten zu zeigen.
Es gibt immer einen Grund den Hund zu loben
Es gibt andauernd, in jeglicher Situation, immer auch Dinge die unsere Hunde von sich aus ganz toll machen. Wir nehmen sie nur oft nicht wahr, weil sie als selbstverständlich angesehen werden.
Es heißt ja vor jedem unerwünschten Verhalten, gibt es mehrere Verhaltensmuster die noch total okay waren. Dafür kann man den Hund loben, wenn das Verhalten auch noch so nebensächlich erscheinen mag. Für den Hund war es möglicherweise bereits eine große Leistung. Und durch das Lob, wird der Hund das angenehme Verhalten auch gern länger machen, sodass das vormals negative Verhalten irgendwann im besten Falle gar nicht mehr auftritt. Jagdverhalten ist dafür ein super Beispiel.
Beispiel: Erspähen statt Nachjagen
Plouf ist jagdlich sehr begeistert. Ab dem Hetzen ist das Jagen für sie aber Tabu. Deshalb wird die gesamte Kette an Jagdverhalten von Anfang an sofort gelobt und belohnt, sobald ich auch nur merke, dass sie einen Geruch in der Nase hat. Mittlerweile kommt sie meistens gar nicht mehr bis zum Ende der Spur, weil sie sich so über das Lob und die damit verbundenen anderen Aktivitäten freut.
Wenn sie also wo einen Hasen erspäht und anzeigt, wird von mir sofort überschwänglichst belohnt. Nicht nur weil ich stolz bin, dass sie was gefunden hat, sondern auch weil sie es anzeigt, anstatt darauf loszustürmen. Das Thema Jagdverhalten ist natürlich relativ komplex, das haben wir auch sehr lange in sicherem Umfeld geübt. Wer sich zu dem Thema etwas einlesen will, dem empfehle ich das Buch „Jagdverhalten verstehen, kontrollieren, ausgleichen“ von Anja Fiedler(*).
Liebevoller Umgang rockt
Jetzt aber dazu worauf ich eigentlich hinaus möchte. Nämlich, dass liebevoller Umgang einfach rockt. In jeder Beziehung, in jeder Hinsicht. Denn ein liebevoller Umgang tut nicht nur dem Gegenüber gut, sondern auch mir.
Ich liebe die vertrauensvolle Beziehung mit Plouf und das Verständnis das ich ihr entgegenbringen kann. Auch wenn sie vielleicht etwas tut was mir nicht so recht ist, wie zum Beispiel Essen klauen. Früher hätt ich mir ihr geschimpft. Wie man das so tut, wenn der Hund was macht, was ein Hund nicht sollte. Heute bleib ich gelassen und schau nur kurz was es war, um sicherzugehen, dass es ihr gut geht.
Letztens hab ich sie sozusagen in Flagranti erwischt, wie sie sich genüsslich vom Rest meines Abendessens am Couchtisch bedient. War auch genau in ihrer Höhe. Ich hatte schon fertiggegessen und hab das Zimmer kurz verlassen. Als ich wieder reingekommen bin hat sie das letzte Stück Karotte grad wieder ausgespuckt. Was hab ich gemacht? Ich hab sie belohnt. Dafür, dass sie ausspuckt was sie im Maul hat. Das üben wir nämlich fleißig und es hat mir einfach Gelegenheit gegeben das Ausspucken zu verstärken. Dann hat sie sich hingesetzt und mir angezeigt, dass sie was Essbares gefunden hat und sie wurde wieder belohnt. Denn auch das Anzeigen üben wir. Das war wirklich sehr entzückend, da musst ich selbst schmunzeln, und hab mich gefreut, dass mein Training mit ihr fruchtet. Was wir aber nicht trainiert haben, ist nichts vom Teller zu klauen, wenn ich raus geh. Aus gegebenem Anlass werd ich das aber jetzt vielleicht mal angehen.
Mein Punkt ist aber, dass ich ihr dazu nichts vorwerfen möchte und sie natürlich schon gar nicht bestrafen (das tu ich grundsätzlich nicht). Nicht weil ich zu gutmütig bin und ich ihr alles durchgehen lassen. Auch nicht weil sie mir auf der Nase herum tanzen darf. Sondern, weil ich weiß, dass wir das erstens nicht trainiert haben, und ich ihr zweitens kein schlechtes Gefühl geben möchte, egal was sie tut.
Ich weiß selbst wie beschissen sich das anfühlt für etwas geschimpft zu werden, bei dem man keinerlei böse Absichten hatte, oder vielleicht gar nicht weißt was falsch daran war. Dieses Gefühl, diese Angst vielleicht nicht mehr geliebt zu werden. Ignoriert oder durch Schweigen bestraft zu werden. Dieses Gefühl möchte ich niemandem vermitteln. Auch nicht meinem Hund. Schon gar nicht meinem Hund.
Was ist also die Alternative? Ich verzeihen ihr. Ich verstehe, dass sie einfach nur sie selbst ist. Und wenn da was liegt was ihr schmeckt, dann genießt sie es. Weil es in ihrer Welt einfach nicht falsch ist. Und manchmal denk ich, auch das können wir noch von unseren Hunden lernen: einfach das zu genießen was grad da ist.
Dieses Verständnis und die Fürsorge um ihr emotionales Wohlbefinden bewegen mich zu einem immer liebevollerem Umgang mit Plouf. Ich fühl mich geehrt an ihrer Seite sein zu dürfen und möchte sie durch ihr leben leiten, um es so schön wie möglich zu gestalten. Und das schönste daran ist, dass dieses Gefühl, den der liebevolle Umgang zwischen uns hat, für mich die schönste Belohnung ist. Denn es gibt auch mir ein gutes Gefühl und lässt mich vor Liebe wahrlich erstrahlen.
Auch der Hund darf mal einen schlechten Tag haben
Wir erwarten oft sehr viel von unseren Hunden. Denn der wohlerzogene Hund von Welt muss ja… immer gehorchen, möglichst leise sein, darf nicht betteln, soll immer bei Fuß gehen, oder was auch immer man gerade so hört. Aber der Hund braucht auch sein Hundeleben. Und auch der Hund darf mal ein paar schlechte Tage haben.
Manche Leute würden sagen Plouf macht was sie will, oder sie hat mich „in der Hand“ und bekommt am Ende immer ihren Willen. Aber ich seh das anders. Sie darf einfach sie selbst sein, an guten wie an schlechten Tagen. Das eine oder andere Mal nervt sie mich schon auch, das ist okay. Ich bin trotzdem für sie da, genau so wie sie für mich, wenns drauf ankommt. Die Beziehung zwischen Mensch und Hund ist in meinen Augen wie jede andere Freundschaft auch. Man schaut auf einander, ist für einander da und unterstützt sich, auch wenn’s mal nicht so toll läuft. Ich möcht ja auch nicht Angst haben, dass meine Freunde mich schimpfen, bloß weil ich mal unrund bin oder Fehler mache.
Wie gehst du mit deinem Hund um? Berichte mir gerne in den Kommentaren über deine Erfahrungen.
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